Lindau, Jan. '19

Majolika Kachel aussen am Alten Friedhof in Lindau-Aeschach. Offenbar moegen andere den Verkehr auf der Strasse dort auch nicht sehr...
Vorallem die untere Mauer vom aeltesten Abschnitt des Alten Friedhofes ist sehr interessant. Als sie wegen der Pestopfer 1510 auf dem Festland einen Friedhof bauen mussten benutzten die Lindauer Material von einer roemischen Landhausruine vor ort zuerst. So das es hier viel gebrannte Ziegelreste gibt die fast 2000 Jahre alt sind. So wird heute ein Teil davon unverputzt aber mit Erklaerung ausgestellt.
Krellsche Kapelle

1515 , als der Friedhof noch ganz neu war aber die Pest vorbei, fand man das die komunale Aussegnungshalle nie genutzt wurde, weil die Lindauer die Totenfeier lieber mit einem Gottesdienst in der Stadtkirche und einer schnellen Beerdigung gleich nach der Prozession zum Festland gestalteten. So wurde das Gebaeude an einen Mann mit Geld als neue Familiengruft verkauft. Und dieser Mann war Oswolt Krell. Er war ein Pfeffersack, inzwischen vor allem dafuer bekannt das er ziemlich gut Aussah und sich von Duerrer portraitieren liess. Heute wuerde man sagen, er war ein Lifestyle-Promi und Infuencer. Kaum hatte er sich die Kapelle am Aeschacher Friedhof gekauft, wollten alle die es sich leisten konnten dort eine richtig schicke Gruft. Und so kam es das der Alte Friedhof, der damals der Neue war, innen wundervoll mit vielen Aediculen ueber den Graebern ausgestattet wurde.


Oswolt Krell, von Duerrer auf Wikipedia:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:D%C3%BCrer_Oswolt_Krel.jpg#/media/File:Oswolt_Krel_by_Albrecht_D%C3%BCrer.jpg

Krellsche Kapelle

Leider war zu, auch wenn das heute keine Familiengruft mehr ist sondern eine Grabtafelsamlung.

Im Alten Friedhof

Der ist inzwischen ein Park und unter Denkmalschutz, die meissten Grabstellen die nicht an Mauern angebaute Prunkkapellen sind, wurden 1915 -- 1960 einfach abgeraeumt weil Lindau sich einen neuen, groesseren und vorallem noch hoeher gelegenen Friedhof gebaut hat. Es ist sehr schoen in diesem Park, und vor allem sehr ruhig.

Eckgruft mit Barockepitaphen

Alles ist sehr ueppig verziert aber leider hinter unpassend einfachen extra Schutzgittern.

Der Herr Michael Seutter war Buergermeiser von Lindau irgendwann in der ersten Haelfte vom 18ten Jahrhundert und derjenige der sich das heute beruehmte Palais zum Cavazzen fuer seine Familie hinstellen liess. Jetzt ruht er dort mit den 2 Gattinen die er nacheinander hatte und 16 seiner Kinder.
Renaissance Aedikula mit ganz neuen Grabtafeln

In den letzten Jahren wurde der Friedhof wieder zur Nutzung freigegeben, aber mit strikten Auflagen. Familien die sich um so ein ein Grabtempelchen ohne erhaltene Namen am Stein kuemmern und es denkmalgerecht in Stand setzen wollen, duerfen dies dann auch nutzen, aber nur mit Urnen und sehr wenig Raum zur individuellen Gestaltung.

Ein huebsches Saeulenkapitell
Renaissance Verzierung eines Pilasters mit Schaedel

Mit den Schnecken in den Seiten werden diese Halbaseulen der Werkstadt Esaias Grubers zugeschrieben. Jedenfals wohnte der in Lindau, also war es logisch fuer Buerger ihn mit den Grabmal zu beauftragen, auch wenn er mit den Grossbaustellen ausserhalb genug zu tun hatte.

Mehr Schaedel an den Seiten eines Totentempelchens
Schaedel mit Zahnluecke
Noch ein Schaedel
Eigentlich eine art Bueste mit Rippchen.
Die Schlaefe zeigt ein grosses Loch. Ein Fall fuer CSI Sauerer Regen und Taubenschiss.
Ein ziemlich modern wirkendes Grabtempelchen, besonders wenn man bedenkt dass der Friedhof 1915 fuer Bestattungen geschlossen wurde. Das schaut schon fast wie Art Deco aus. Aber eigentlich ist nur das klassizistische Dach sehr neu ind schlicht mit Blech nach alten Vorbild eingedeckt, wie sich heraus stellte.
Italienischer Marmor

Zumindest hat die Website vom Foerderverein Alter Friedhof ein wenig Info hierzu.
Das Engele soll ein echter Emanuele Caron sein. Das war sicher nicht billig. Auch sagt es etwas ueber das Alter der Einrichtung aus, Caronis Todesjahr scheint leider unbekannt, aber Werke gibt es nur bis 1895, so ist das hier sicherlich noch reiner Klassizismus von vor der Jahrhundertwende. Und der Ramen aus Saeulen und Pilastern der das Dach haelt ist wohl immer noch zum Teil der aus der Renaissance.

Der Engel vom Emanuele Caroni -- dem selben der das schoene Columbus Monument in Philadelphia geschaffen hat.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Columbus_Broad_St_Philly_art.JPG

Ein gewisser Hermann Naeher liess das vacante Tempelchen 1906 im klassizistischen Stil fuer seine Familie sehr fein herrichten. Er war ein Gewuerz und Tabak Bauer der lange in Sumatra wohnte und dann wieder heim nach Lindau kam. Um 1600 waren seine Vorfahren das oertliche Henkergeschlecht gewesen, und spaeter gab es viele die Doktoren wurden, aber offenbar konnte erst er eine repraesentative Grabnische erwerben.
Zwei Wappen ohne erweitertes Vordach

Noch mehr sehr ausfuehrliche Steinmetzarbeiten, davor ein seltsamer bunter Strauch der im Winter seine exotisch wirkenden Blaetter behalten hat.

Das hier, mit einen Baum direkt davor der wirklich maechtig hochgewachsen ist interessierte mich wegen dem Namen besonders. Und es ist wahr, da liegen die Vorfahren vom Erfinder des orginal bayrischen Weisswurstsenfs. Johann Conrad Develey residierte zwar in Muenchen und ist da heute auf dem Suedfriedhof einer der markierten Prominenten, aber geboren wurde er 1822 in Lindau. Seine Vorfahren waren eingewanderte Hugenotten und Lindau war zu der Zeit Evangelisch und damit sicher. Jedenfalls war man aus Dijon und fand den Senf in Bayern wohl beklagenswert -- so kam der Spross auf die Idee das zu aendern.
Wandzeile mit einem sehr hervorgehobenen Haeuschen.

Die linken Graeber wirken beide sehr ungewoehnlich, die bunte Einfarbigkeit der Flaechen und schlichte modern wirkende Schrift zwischen eindeutig orginalen Pilaster aus der Renaissance hinten an der Wand. Das muss wohl alles innen mal gruendlich umgestaltet worden sein, aber die interessanten Halbsaeulen liess man dabei in Ruhe. Das Alter des Tympanons unter dem Giebel zu raten ist schwer, und es leider gibt keine Erklaerungen darueber auf der Foerdervereinswebsite.

Vieleicht der aussegewoehnlichste Grabstein im ganzen Friedhof, mit sehr interessanten Motiven, der Werkstatt des Esaias Gruber zugeschrieben, die untere Platte mit der Inschrift allerdings ist von einer Nachnutzung im 19ten Jahrhundert.
Halbsaeulendetail

Die Webseite des Foerdervereins spricht von "weiblichen Engeln" die fuer Esaias Grubers werstadt typisch waeren, aber mal ehrlich -- was auch immer das sein soll mit Busen aber ohne Fluegel, dann jedoch all den Fruechtchen in einschlaegiger Position -- Einen Engel wuerde ich das jetzt nicht unbedingt nennen.

Am meisten faszinieren mich die seltsamen Doppelwurzeln. Sollen das Allraunen sein, oder erwarteten die Menschen damals von ihren Moehren und Pastinken dass die so aussehen wie mein miserabler Eigenanbau? Und das grosse angeschnittene Teil ganz in der Mitte unter der Birne, abgesehen von der absehbaren Freudschen Assoziation, was mag das sein? Orientalische Granataepfel waren sicher recht selten, und Kuerbise in der neuen Welt gerade erst von Columbus entdeckt worden. Citrullen vieleicht? Aber die wuchsen auch nicht am Bodensee...

Das Gemuese auf der anderen Seite. Hier scheint die zentrale Frucht etwas anderes zu sein und auch noch groesser. Leider ist das Ganze stark verwittert.
Ruebe oder Ananas, das ist hier die Frage. Auch der Rettich bzw. die Moehre hier an der Seite hat zwei Schwaenzchen, aber insgesammt ist es eine recht ordentliche einzelne Pfahlwurzel.
Der Bodensee-Geschichtsvereinsgruender

Der freistehende Grabstein des Pfarrers Gustav Reinwald, der 1898 starb. Der katalogisierte auch das Stadtarchiv von Lindau und dafuer machten sie ihn zum Ehrenbuerger.



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